Pilot-Herkunftsnachweisregister für grüne Fernwärme in Deutschland offiziell in Betrieb genommen

  • Erste Wärme-Herkunftsnachweise erfolgreich für die Hamburger Energiewerke ausgestellt
  • Register bietet transparentes System zur Nachverfolgung und Kennzeichnung der erneuerbaren Herkunft von Wärme und Kälte (mit Testbetrieb im dezentralen Nahwärmenetz in Wilhelmsburg im Süden von Hamburg)
  • Vermarktung grüner Fernwärme als eigenständiges Produkt möglich
  • Pilotvorhaben im Rahmen des BMWK-geförderten Energiewende-Reallabors IW3 – Integrierte WärmeWende Wilhelmsburg

Hamburg, 23. August 2022. Mit der Ausstellung der ersten Wärme-Herkunftsnachweise (HKN) ist das erste Pilot-Herkunftsnachweisregister für grüne Fernwärme in Deutschland in Betrieb gegangen. Das Register – entwickelt vom Hamburg Institut im Rahmen des Forschungsprojekts IW3 – Integrierte WärmeWende Wilhelmsburg – ermöglicht, im dezentralen Nahwärmenetz in Hamburg-Wilhelmsburg die erneuerbare Herkunft von Wärme und Kälte für die Kunden noch transparenter und nachvollziehbarer zu machen. „Was im Strombereich schon lange etabliert ist, erproben wir nun auch im Wärmemarkt, dies eröffnet neue Vermarktungsmöglichkeiten“, sagt Dr. Alexandra Styles, die das Projekt beim Hamburg Institut koordiniert. Technisch wird das Register in Kooperation mit Grexel umgesetzt.

Das Register wird im Rahmen des IW3-Projekts zu Forschungszwecken betrieben und untersucht Optionen, wie ein nationales Wärme- und Kälte-HKN-Register zur Umsetzung europarechtlicher Anforderungen zukünftig funktionieren könnte.

Start der Testphase mit den Hamburger Energiewerken
Die ersten knapp 1.500 Wärme-Herkunftsnachweise mit einer Einheit von je einer Megawattstunde (für die Monate Mai bis Juli 2022) wurden für die Hamburger Energiewerke ausgestellt. Die zugrunde liegende Wärmemenge stammt aus dem Biomethan-Blockheizkraftwerk im Energiebunker Wilhelmsburg und wurde in das dezentrale Nahwärmenetz in Hamburg-Wilhelmsburg eingespeist.

Energiebunker in Hamburg-Wilhelmsburg. Copyright: Hamburger Energiewerke/Böthling

Mit den Hamburger Energiewerken, die das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klima (BMWK) geförderte Energiewende-Reallabor IW3 federführend umsetzen, ist nun der Testbetrieb des Wärmeregisters erfolgreich gestartet. Burkhard Warmuth, Leiter Strategie bei den Hamburger Energiewerken: „Wir freuen uns sehr, dass wir mit unserer Biomethan-Anlage das Pilotprojekt des Hamburg Instituts unterstützen können, auch für die leitungsgebundene Wärmeversorgung ein Herkunftsnachweisregister zu entwickeln. Mit Blick auf den Klimawandel sind wir überzeugt, dass nachweislich grüne Fernwärme zukünftig für Verbraucherinnen und Verbraucher eine große Rolle spielt. Für uns als städtischer Energieversorger wird ein solches Register einen wertvollen Beitrag leisten, neue Produkte für unsere Kundinnen und Kunden zu entwickeln und die Wärmewende weiter voranzutreiben.“

In der nächsten Phase kann der Pilotbetrieb auf weitere Hamburger Wärmenetzbetreiber und Wärmeerzeuger ausgeweitet werden.

Herkunft von Energie zunehmend relevant für Verbraucher
Das Pilotvorhaben verfolgt gleich mehrere Ziele: Wärme-HKN erlauben es, insbesondere Wärmemengen aus neuen Projekten zur Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien und Abwärme einzelnen Kunden und Kundinnen zuzuordnen. So versetzt das IW3-Wärmeregister Erzeuger und Wärmeversorger in die Lage, grüne Fernwärme als eigenständiges Produkt zu vermarkten. Gerade für Unternehmen auf dem Weg zur Klimaneutralität ist die Möglichkeit, bilanzierbar und somit nachvollziehbar grüne Wärme und Kälte zu beziehen, interessant. Dies trifft sowohl auf Industrieunternehmen als auch z. B. die Wohnungswirtschaft zu. Aber auch privaten Verbraucherinnen und Verbrauchern wird die Herkunft ihrer über Netze bezogenen Energie zunehmend wichtiger. Erlöse aus der Vermarktung grüner Fernwärme können die Refinanzierung des Ausbaus der klimaneutralen Wärmeerzeugung erleichtern und somit zusätzliche Dekarbonisierungsanreize setzen.

Zudem kann das Register eine wichtige Weichenstellung für die Umsetzung von Artikel 19 der Erneuerbare-Energien-Richtlinie RED II in Deutschland sein. Diese fordert von den EU-Mitgliedstaaten neben Strom auch Nachweissysteme für Gase wie Biomethan und Wasserstoff sowie Wärme und Kälte aus erneuerbaren Energiequellen. Ein Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Vorgaben in Art. 19 der Richtlinie (EU) 2018/2001 zu Herkunftsnachweisen für Gas, Wasserstoff, Wärme und Kälte aus erneuerbaren Energiequellen wurde Mitte August 2022 vom BMWK veröffentlicht. Erfahrungen aus dem Design und Betrieb des IW3-Pilotregisters können in den nationalen Umsetzungsprozess einfließen.

Anspruchsvolle Ausgestaltung des Registers
Dem Aufsetzen des Wärmeregisters war ein ausführlicher Analyseprozess vorausgegangen, um die spezifischen Anforderungen und wirtschaftlichen sowie technischen Rahmenbedingungen des Wärmemarkts zu identifizieren und im Registerdesign zu berücksichtigen. Hierbei wurden insbesondere die wesentlichen Unterschiede zum etablierten HKN-System im Strombereich herausgearbeitet. Hierzu gehört die Grundsatzentscheidung, im Rahmen des Pilotvorhabens nur HKN zur Wärmekennzeichnung zuzulassen, die aus einem technisch verbundenen Wärmeversorgungssystem stammen.

„Unser Ziel ist, 2023 ein komplettes Wärmekennzeichnungsjahr durchzuspielen“, so Dr. Styles. „Die bei der Nutzung und beim Betrieb des Registers gesammelten Erfahrungen werten wir im Hinblick auf die verschiedenen Einsatzzwecke von Wärme- und Kälte-HKN aus.“

Über das Projekt:
Wie können Handels-, Vermarktungs- und Nachweismechanismen zur Dekarbonisierung der Fernwärme beitragen? Zu dieser Frage forschen die Projektpartner Hamburger Energiewerke, Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) und Hamburg Institut Research im IW3-Teilprojekt „Integrierter Wärmemarkt“ (IWM). Entwickelt wird ein umfassender innovativer Ansatz, der alle wesentlichen Aspekte einer Wärmeversorgung abdeckt. Dazu gehört ein digitaler Wärmemarktplatz, der die Energiemengen aus lokaler Erzeugung und sämtliche Verbraucher zusammenbringt. Zudem wird ein „Echtzeit Digitaler Zwilling“ des Wärmeversorgungssystems erstellt und mit einem Echtzeit-Monitoring von Energie und CO2-Emissionen kombiniert, um das Zusammenwirken aller Anlagenteile zu untersuchen und weiterzuentwickeln. Zur Bilanzierung und Kennzeichnung der Wärmeversorgung wird die Umsetzung eines Herkunftsnachweisregisters für grüne Fernwärme erforscht. IWM gehört zum Forschungsprojekt IW3 „Integrierte WärmeWende Wilhelmsburg“, gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) als „Reallabor der Energiewende“.

Nähere Informationen:

Projektwebsite IW3

Ansprechpartnerin:

Dr. Alexandra Styles