In den Jahren 2021/22 entwickelte ein Konsortium aus Hamburg Institut, Öko-Institut e.V. und Prognos AG im Auftrag der Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) wissenschaftlich fundierte Szenarien zur Erreichung der Netto-CO2-Neutralität bis 2045. Diese bildeten die Grundlage für die Aktualisierung des Hamburger Klimaschutzgesetzes und Klimaplans im Jahr 2023. Aufgrund neuer politischer und wirtschaftlicher Entwicklungen, darunter der Vorschlag der Volksinitiative „Hamburger Zukunftsentscheid“ für ein Zieljahr 2040, wurde die Szenarienberechnung umfassend aktualisiert. Die Überprüfung bestätigte im Wesentlichen den bisherigen Zielpfad, zeigte aber auch Verschiebungen zwischen den Sektoren auf. Das Gutachterkonsortium untersuchte zudem, unter welchen Bedingungen eine Vorziehung des Klimaziels auf 2040 möglich wäre, und identifizierte zusätzliche Maßnahmen, die dafür notwendig wären. Die Studie liefert damit eine fachliche Grundlage für die Bewertung einer möglichen Verschärfung der Hamburger Klimaziele.

Hintergrund & Zielsetzung
In den Jahren 2021/22 hat ein Konsortium von Hamburg Institut, Öko-Institut e.V. und der Prognos AG im Auftrag der BUKEA verschiedene Szenarien für die Klimaziele der Freien und Hansestadt Hamburg entwickelt. Diese Szenarien zeigten einen umsetzbaren Weg für Hamburg auf, um bis zum Jahr 2045 Netto-CO2-Neutralität zu erreichen. Sie dienten als fachlich-wissenschaftliche Grundlage für die Aktualisierung der Klimaziele, die im Hamburger Klimaschutzgesetz (HmbKliSchG) und in der zweiten Fortschreibung des Hamburger Klimaplans im Jahr 2023 festgelegt wurden. Hier wurde insbesondere auf das „Szenario B“ abgestellt.
Zusätzlich zur Szenarienmodellierung wurde untersucht, unter welchen Bedingungen eine Netto-CO2-Neutralität bereits im Jahr 2040 möglich wäre. Dabei wurde auch eine gutachterliche Einschätzung zur Realisierbarkeit einer ambitionierteren Transformation in den Sektoren Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen (GHD), privaten Haushalten und im Verkehr vorgenommen.
Die Szenarienmodellierung sowie die Einschätzung einer früheren Netto-CO2-Neutralität erfolgten auf der Grundlage der seinerzeit vorliegenden Erkenntnisse zu erwartbaren energiepolitischen, wirtschaftlichen und technologischen Entwicklungen sowie gesetzlichen Rahmenbedingungen. Die tatsächlichen Entwicklungen und rechtlichen Rahmenbedingungen haben sich seitdem teilweise deutlich verändert.
Im November 2023 legte die Volksinitiative „Hamburger Zukunftsentscheid“ einen Vorschlag zur Änderung des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes vor und präsentierte einen Entwurf für ein „Klimaschutzverbesserungsgesetz“. Die Initiative strebt eine ambitioniertere Zielsetzung im HmbKliSchG mit dem Zieljahr 2040 für die Netto-CO2-Neutralität in Hamburg an.
Weiterhin veröffentlichte die OECD im Januar 2024 eine Studie im Auftrag der Handelskammer Hamburg, die zum Ergebnis kommt, dass die Hamburger Wirtschaft bis zum Jahr 2040 klimaneutral sein könnte.
Vor dem Hintergrund der Entwicklungen und der veränderten Rahmenbedingungen seit der Erstellung der Szenarien in den Jahren 2021/22 erfolgte nun eine umfassende Aktualisierung der Berechnungen. Im Ergebnis bestätigte sich der angenommene Entwicklungspfad mit dem Ziel einer Netto-CO2-Neutralität im Jahr 2045 weitgehend, auch wenn Verschiebungen zwischen den Nutzungssektoren zu erwarten sind.
Um die fachliche Bewertung des Inhalts des Volksentscheids zu unterstützen und einen Beitrag zur Meinungsbildung zu leisten, wird im Rahmen der Studie eine Einschätzung aus Sicht des Gutachterkonsortiums gegeben, ob und unter welchen Bedingungen die Zielerreichung der Netto-CO2-Neutralität bis zum Zieljahr 2040 für die FHH realisierbar erscheint. Es wird zudem dargestellt, in welchen Bereichen im Kontext des Klimaschutzzielszenarios zusätzliche Maßnahmen und Instrumente erforderlich wären, um eine Netto-CO2-Neutralität bereits 2040 zu erreichen. Hierzu werden konkrete Maßnahmen identifiziert, die für sich oder in Summe einen substanziellen Beitrag dazu leisten können, die 2040 im Zielszenario noch verbleibenden Emissionen zu vermeiden.
Gesamteinschätzung
Aus der Sicht des Gutachterkonsortiums würde ein Vorziehen der Zielsetzung der Netto-CO2-Neutralität auf das Jahr 2040 erhebliche Zusatzanstrengungen bedeuten, die, je nach Ausgestaltung, zu spürbaren Mehrbelastungen für private Haushalte, Unternehmen und den Landeshaushalt führen würden. Abgesehen davon ist für das Erreichen der Klimaneutralität auch eine Änderung der Bilanzierungsmethodik notwendig, um auch den Effekt negativer Emissionen abbilden zu können.
Je nach Ausgestaltung der Maßnahmen könnte damit auch eine Zunahme sozialer Härten einhergehen. Gleichzeitig wäre durch diese Maßnahmen in Hamburger Regelungskompetenz nicht sichergestellt, dass die CO2-Neutralität 2040 auch erreicht wird, da es zusätzlich entsprechender rechtlicher Rahmenbedingungen und Anreizsysteme auf Bundes- und EU-Ebene bedarf.
Die derzeitige geopolitische Situation und die neuen Mehrheiten im Bundestag und auch im europäischen Parlament lassen es jedoch nicht erwarten, dass dem Klimaschutz in den nächsten Jahren eine hohe Priorität eingeräumt wird und hierfür die nötigen Rahmensetzungen geschaffen werden. Vor dem Hintergrund der Abhängigkeiten der Klimaschutzerfolge in Hamburg von nationalen und europäischen Rahmensetzungen erscheint daher das bisherige Klimaschutzziel der FHH weiterhin ambitioniert. Bei allen Betrachtungen ist jedoch zu konstatieren, dass der Blick in die Zukunft mit großen Unsicherheiten verbunden ist. Tiefgreifende technische und politische Umwälzungen sind in einem Zeitraum von 20-25 Jahren möglich.