INFOBLATT SOLARE WÄRMENETZE DER INITIATIVE SOLNET 4.0 (2020)

Solarthermie: Systematische Risikoabschätzung als Entscheidungshilfe für Investoren

Die Energiewende wird ohne eine Wärmewende nicht zu leisten sein. Soll das Ziel der Bundesregierung, bis 2050 einen „nahezu klimaneutralen Gebäudebestand“ zu haben, auch nur ansatzweise erreicht werden, führt an einem massiven Ausbau der erneuerbaren Wärmeversorgung kein Weg vorbei. Große Solarthermie-Anlagen können einen wichtigen Beitrag zum Ausbau erneuerbarer Wärme leisten.

Vorteile großflächiger Solarthermie

  • emissionsfrei und echt erneuerbar
  • ausgereift und marktverfügbar
  • Leistungsbereich bis größer 100 MW
  • mehr als 50 % des Wärmebedarfs können solar gedeckt werden
  • langfristige Planungssicherheit bezüglich der Wärmegestehungskosten
  • einfacher technischer Betrieb
  • neue Chancen zur Erreichung kommunaler Klimaschutzziele

Neben der reintechnischen Leistung kommt es dabei vor allem auf die Wirtschaftlichkeit an. Diese seriös einschätzen zu können, ist für Kreditgeber und Projektentwickler ein Schlüsselfaktor bei der Investitionsentscheidung. Hierbei helfen eine systematische Betrachtung und Bewertung der Risiken.

Übersicht möglicher Risiken (Auswahl)

Um sich einer Bewertung strukturiert und möglichst neutral zu nähern, ist es sinnvoll, die Risiken zunächst zu klassifizieren und thematisch zu gruppieren. Dafür bietet sich die Unterteilung in folgende fünf Kategorien an: technisch – wirtschaftlich – politisch/planerisch – vertraglich – sozial/umweltbezogen.

technisch:

  • Reifegrad der Technologie
  • Materialermüdung
  • Ausfall-Wahrscheinlichkeit
  • Maximum der unproduktiven Zeiten

wirtschaftlich:

  • Mengenrisiken durch Änderung der netzseitigen Wärmeabnahme
  • Wetterrisiken (Abweichungen von der durchschnittlichen Sonneneinstrahlung, Unwetter)
  • Vandalismus
  • Finanzierungsrisiken (Bonität des Eigenkapitals, Zinsänderung, etc.)
  • Risiken beim Bau wie Verzögerung oder Ausfall eines Herstellers/Dienstleisters
  • Risiken während des Betriebs wie Ausfall von Komponenten oder Konkurs des Betreibers/Auftragnehmers

politisch/planerisch:

  • Klimapolitik
  • Steuerpolitik
  • Flächenbereitstellung und Genehmigung
  • Position der politischen Entscheidungsträger und Meinungsführer

vertraglich:

  • Miet- und Pachtverträge
  • Wärmelieferverträge mit Endkunden
  • Abnahmevereinbarungen mit Netzbetreibern/Wärmelieferanten
  • Dienstleistungsverträge
  • Kreditverträge

sozial/umweltbezogen:

  • Allgemeine politische „Stimmungslage“
  • Integration im Zusammenhang mit den Interessengruppen (öffentliche Einrichtungen, lokale Politik, Kunden usw.)
  • Dynamik der Sozial- und Einkommensstrukturen
  • Auswirkungen auf Umwelt/Landschaft

Zusammenfassung und Fazit

Eine zukunftsfähige Wärmeversorgung auf erneuerbarer Basis, niedrige Wärmepreise bei hohen CO2-Einsparungen, geringe operative Kosten – die Vorteile großer Solarthermie-Anlagen liegen auf der Hand. Die Frage nach der Finanzierung stellt sich hingegen komplexer dar. Vor der Investition in die Anlage lohnt es sich in jedem Fall, in eine professionelle Risikoanalyse zu investieren. Durch die Übersicht von Risikodefinition und Minimierungsstrategien entsteht eine hilfreiche Grundlage, um die beteiligten Akteure zu überzeugen und das Vertrauen in Großprojekte zur Ökologisierung der Heizsysteme zu stärken. Ein Patentrezept kann es hierbei jedoch nicht geben. Vielmehr ist eine differenzierte Betrachtung notwendig, denn durch die jeweils individuellen Parameter wie geografische Lage, Modellauswahl, Beteiligungsstruktur etc. hat jedes Projekt seine ganz eigenen Risiken. Dennoch werden mit jeder realisierten Anlage der Erfahrungsschatz und die Sicherheit auf allen Seiten größer – im Sinne der Wärme- und damit auch der Energiewende.